Dorfgeschichte Stadl
Über die Gründung von Stadl ist Näheres nicht bekannt – man geht jedoch davon aus, dass der Ort in der Zeit nach Beendigung der Völkerwanderungen (7. Jahrhundert n. Chr.) entstanden ist. Im Jahr 1148 wird Stadl erstmals urkundlich erwähnt. Im 13. Jahrhundert hieß der Ort „Porstadel“ (von „bor“, oberer Raum), also „das obere Stadl“ im Gegensatz zu dem 20 km lechabwärts gelegenen Schwabstadl. 1586 hieß der Ort Bayrstadl, also „Stadl auf der bayerischen Seite“. Auch bei anderen Ortsnamen ist diese Trennung zwischen Bayern und Schwaben zu erkennen (z. B: Bayersoien – Schwabsoien). Das Kloster Benediktbeuren überlieferte erstmals den Namen des Dorfes, als ein gewisser Otto seinen Besitz in Stadl 1148 an das Kloster übermachte.
Über die Gründung von Stadl ist Näheres nicht bekannt – man geht jedoch davon aus, dass der Ort in der Zeit nach Beendigung der Völkerwanderungen (7. Jahrhundert n. Chr.) entstanden ist. Auch die umliegenden Orte Stoffen, Pflugdorf und Issing stammen aus dieser Zeit und entwickelten sich zu festen Ansiedlungen. Dabei waren Stadl und Pflugdorf wohl Zweigniederlassungen der Sippen, die nach der Völkerwanderung in die Gegend kamen.
"Stadl auf der bayerischen Seite"
Im Jahr 1148 wird Stadl erstmals urkundlich erwähnt. Im 13. Jahrhundert hieß der Ort „Porstadel“ (von „bor“, oberer Raum), also „das obere Stadl“ im Gegensatz zu dem 20 km lechabwärts gelegenen Schwabstadl. 1586 nannte man den Ort Bayrstadl, also „Stadl auf der bayerischen Seite“. Auch bei anderen Ortsnamen ist diese Trennung zwischen Bayern und Schwaben zu erkennen (z. B.: Bayersoien – Schwabsoien). Das Kloster Benediktbeuren überlieferte erstmals den Namen des Dorfes, als ein gewisser Otto seinen Besitz in Stadl 1148 an das Kloster übermachte.
Noch einige Male wurde Stadl in Dokumenten des frühen Mittelalters erwähnt: 1275 berichtet das herzogliche Salbuch des Amtes Möringen (das heutige Mering) von Abgaben einzelner Höfe: Ein Stadler Anwesen zahlte 6 Scheffel Hafer, ein starkes Schwein, 7 Hühner und 100 Eier. Bereits 1380 wird von einem Gericht in Stadl berichtet. 1505 verkauften der Stadler Schmied Gabriel Mentzinger und seine Frau Elsbeth Anteil und Recht am Raumenkessel (heute Römerkessel) an Georg Eyselein in Lechmühlen. Um 1450 hatte Stadl 15 Herdstellen.
Geschlecht der Püttrich, Kloster Andechs, Rauhenslechsberg
75 Jahre lang herrschte in Stadl das Geschlecht der Püttrich, ein weit verzweigtes Patriziergeschlecht aus München, welche ihr Schloss in Stegen am Ammersee errichtet hatten. 1520 erbte Hans Püttrich von den Lederern zu Landsberg unter anderem den Kirchensatz von Stadl. Erst 1595 starb der letzte Püttrich und deren Besitz fiel an den bayerischen Herzog zurück. 1598 erlangte das Kloster Andechs durch Schenkung des Herzogs Wilhelm des Frommen das Patronatsrecht der Pfarreien Stadl und Stoffen samt Vogteirecht.
Papst Paul V. schließlich bewirkte die Einverleibung Stadls in das Kloster Andechs. Dieses übte in der Folge auch die Gerichtsbarkeit des Ortes aus, welches der Landrichter zu Rauhenlechsberg Andechs wieder entziehen wollte. Der Streit landete vor der herzoglichen Hofkammer in München, die Stadl (und auch Mundraching) schließlich dem Landgericht Rauhenlechsberg zuteilte. Das Kloster Andechs jedoch besetzte die Pfarrstelle in Stadl bis zur Säkularisation. 1802 kam Stadl – genauso wie Mundraching und Reichling – zum Landgericht Schongau. Der Antrag der Stadler, Landsberg zugeordnet zu werden, scheiterte.




Die katholische Pfarrkirche St. Johannes der Täufer, deren Kernbau um 1500 entstand, beherrscht durch ihre Lage am höchsten Punkt das Ortsbild von Stadl. Leider ist nicht mehr nachvollziehbar, wann Stadl Pfarrhof wurde. Um 1472 war Andreas Fritz der erste Pfarrer im Ort – eine Kirche gab es damals also schon.
Ein Rokoko-Bau entsteht
Noch 1719 soll diese Kirche nicht besonders groß gewesen sein: ein spätgotischer Bau in der Mitte des Dorfes mit Westturm und gotischem Satteldach, geweiht dem Hl. Johannes dem Täufer.
Um 1750 vergrößerte man die Kirche und stattete sie mit Elementen aus dem Rokoko aus: Johann Baader aus Lechmühlen malte 1751 die Fresken; aus der gleichen Zeit stammen die Wessobrunner Stukkaturen. Einer der Luidl-Künstler schuf wohl die vier Holzfiguren am Choraltar, welche aus dem Spätbarock stammen. An den Mauern der Pfarrkirche befinden sich vier alte Grabsteine, zwei an der Außenmauer, zwei innen im Kirchenschiff. An der äußeren Kirchenwand im Süden ist der wertvollte Grabstein des 1538 verstorbenen Pfarrers Michael Eisele eingelassen. 1861 bekam die Kirche eine neue Orgel, 1907 neue Glocken und einen neuen Glockenturm. 1937 sowie zwischen 1979 und 1980 wurde das Gotteshaus renoviert.
Das Heilige Grab
Ein besonderes Schmuckstück der Kirche ist das von Johann Baader gemalte Heilige Grab aus dem Jahre 1748, ein typisches Rokokowerk. Der gesamte Aufbau ist fast acht Meter hoch und sechs Meter breit. Bevor der ehemalige Mesner Xaver Berger eine elektrische Beleuchtung einbaute, wurde das Grab von Kerzen und Öllampen beleuchtet. Die aufsteigende Wärme bewirkte, dass kleine schwebende Engel in Bewegung gerieten und über dem Grab kreisten.
Das seltene Heiligtum wird am Karfreitag in der Kirche aufgebaut und von vielen Gläubigen aus dem weiteren Umkreis besucht. Viele bezeichnen das Heilige Grab als Jugendwerk des „Lechhansels“ – auf ihn weisen die deutlich ländlichen Modelle der dargestellten Figuren hin. Bereits mehrmals wurde es renoviert. Eine Ausbesserung der Stützen und Balken erfolgte 1950. Zuletzt wurde das Kunstwerk zwischen 1984 und ´86 restauriert, was insgesamt fast 68.000 DM veranschlagte.
Leonhardikapelle und Angerkapelle
Zwischen Stadl und Pflugdorf steht die Leonhardikapelle, ein kleiner barocker achteckiger Bau aus dem Jahr 1696 - diese Jahreszahl steht auf einer Tontafel an der Südseite - der etwa 50 Personen Platz bietet (siehe Bild rechts). Der kleine Barockaltar trägt Figuren von Lorenz Luidl, dem bekanntesten Landsberger Bildschnitzer. Die Kapelle wurde 1961 restauriert und der Eingang dabei nach Westen verlegt.
Westlich von Stadl befindet sich eine sehr alte Feldkapelle, die Angerkapelle, mit einigen Votivtafeln. Sie wurde 1670 erbaut, wie über dem Eingang fast unleserlich zu erkennen ist. Die Kapelle hat keine Fenster und ist nach Süden offen mit einer zweiflügeligen Holztür. In der Kapelle befand sich ein geschnitztes Kruzifix. Dieses verkaufte der Bürgermeister Zimmermann, dem das Grundstück und die Kapelle gehörten, dem berüchtigten Bader und Antiquitätenhändler Leinböck aus Landsberg. Zusammen entfernten sie eines Nachts das Kruzifix und Zimmermann hängte eine Christusfigur aus Gips hinein. Die Stadler verurteilten diese Tat.
Der Stadler Pfarrhof, ein ansehnlicher Bau mit einem – ursprünglich – einseitigen Walmdach stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.




Um 1450 gab es in Stadl erst 15 Herdstätten zu zählen. 1599 waren in Stadl folgende Familien ansässig: Balthasar Sedlmaier und Melchior Schwarzwalder besaßen 2 ganze Höfe, Hans Mair, Ley Nehel, Hans Premauer, Wolf Morenweiser, Christoph Erhart, Vest Nehel, Michael Premauer, Hans Hurlacher und Wolf Propst von Landsberg. 1612 hatte Stadl 50 Wohnstätten. Die Namen Steer, Schwarzwalder, Schamper, Morenweiser und Ditmaier sind auch im ersten Pfarrbuch von Stadl, das 1652 beginnt, zu lesen.
Im Steuerbuch von Rauhenlechsberg von 1721 wurden 53 Wohngebäude gezählt. Eines davon war ein ganzer Hof (Pinzer- und Lenzlbauer, Winterholler). Das Kloster Benediktbeuren besaß 21 Anwesen, Andechs zwölf, Rauhenlechsberg neun, die Kirche Stadl vier, das Spital Weilheim zwei und die Stadtkammer Landsberg, das Kloster Dießen und das Wirtshaus in Stadl je eines. 1731 sind in Stadl ein Schuster, drei Weber und zwei Schneider zu vermerken.
Das Foto oben rechts zeigt das Anwesen "Beim Winterholler" Nr. 29 um 1950 - dieser "Urhof" von Stadl wurde bereits 1599 erstmals bewirtschaftet von Balthasar Sedlmayer. Dessen Sohn Virgil trat 1713 als Mönch ins Kloster Wessobrunn ein und wurde 1720 Professor der Theologie in Salzburg.
Darunter ist der Stadler Schmiedberg um 1950 zu sehen (links die Schmiedewerkstatt).
Seit 1792 Hausnummern
1792 wurden in Stadl die Hausnummern festgelegt – im Vergleich zu anderen Orten recht früh. Nach der Säkularisation wurde dies ohnehin pflichtmäßig angeordnet. 1808 verschwendete die Gemeinde Stadl 150 Gulden, um die vier Gemeindebrunnen – Wirtsbrunnen, Stoffelebrunnen, Anger- und Schwettenbrunnen – wieder herzurichten.
1815 brannten nachts im Ort fünf Häuser nieder (die Hausnummern 50 – 54), welche im Garten der heutigen Besitzer Spengler und Menhart standen. Das Dorf wuchs dennoch stetig und hatte 1858 bereits 344 Einwohner. Etwa 40 Jahre später konnte Stadl eine Gemeindeflur von 926 Hektaraufweisen: davon waren 253 ha. Wiesen, 16 ha. Weiden und Streuwiesen, 414 ha. Äcker und Gartenland, 191 ha. Wald sowie 25 ha. Hofräume und Wege.
Am 29. Januar 1815 nachts um zwei brach im Haus des verstorbenen Schneiders Michael Huber, Nr. 54, in Stadl ein Brand aus, welchem in kurzer Zeit fünf Häuser zum Opfer fielen (nach der Überlieferung von Pfarrer Georg Pierling waren dies Nr. 54, Nr. 53 von Anton Bär, Nr. 52 von Markus Stöb, Nr. 51 Alois Schelterle sowie Nr. 50 von Michael Raffler. Diesem Vermerk ist wohl zu entnehmen, dass die Häuser Nr. 50, 51 und 53 am Westende des Dorfes gestanden haben und nach dem Brand aus Platzmangel an ihre heutigen Stellen kamen.
1840 lebten 315 Menschen in Stadl, 1875 bereits 362. Dies blieb bis nach dem zweiten Weltkrieg so, als die Bevölkerung durch 175 Heimatvertriebene wieder zunahm. Nach 1950 jedoch wanderten von diesen 100 Leute wieder ab.
Landwirtschaft entwickelt sich
1938 gab es im Dorf an die 50 Betriebe, von denen Johann Bauer (Nr. 19) mit über 93 Tagwerk den größten hatte, danach kamen Georg Arnold (NR. 42, 91 TW), Jakob Schamper (Nr. 29, 87 TW) und Georg Kink (Nr. 58, 79 TW).
Ein Beispiel für das Vereinsleben zu dieser Zeit zeigt das Bild vom Burschenverein Stadl vor 1938.


Eine Schule in Stadl wurde erstmals 1599 erwähnt – dies ist die früheste Mitteilung über die Schulgeschichte der Landsberger Landgemeinden. In einem der fünf Häuser, die Andechs gehörten, arbeitete als erster Schulmeister Georg Gilg und erhielt für jeden Schüler im Monat einen Kreuzer. 1610 bewirkte der Augsburger Bischof von Knöringen, dass nur Mesner werden durfte, wer auch unterrichten konnte. Thomas, Mathias und Urban Dietrich folgten Gilg im Amt des Schulmeisters nach.1802, nach Einführung der Schulpflicht, stiegen die Schülerzahlen stark an. Insgesamt waren sechs Generationen Dietrich hintereinander im Lehrer- und Mesnerdienst in Stadl.
Erstes Schulhaus
Da es noch kein eigenes Schulhaus gab, richtete Lehrer und Mesner Johann Dietrich 1802 in seinem Haus Nr. 14 (in der heutigen Stoffener Straße) zwei Schulzimmer ein - eines davon nutzte er auch als Wohnzimmer. Über 70 Kinder aus Stadl, Pflugdorf und Vilgertshofen fanden dort Platz. Dieses Haus trägt noch heute den Namen „Beim Schullehrbauer“.
Pfarrer Anton Graf schlug vor, die Leonhardikapelle abzureißen und die Ziegel für einen Schulhausbau zu verwenden – jedoch stieß er nicht auf Zustimmung. 1808 hatte Stadl 32 männliche und 19 weibliche Werktagsschüler sowie 16 männliche und 20 weibliche Feiertagsschüler. 1810 gingen etwa 80 Stadler Kinder zur Schule. Wie umfangreich die Kinder unterrichtet wurden, lässt sich schwer sagen, denn sie waren in der Landwirtschaft zusätzlich einegespannt. Doch es gab bereits Unterricht in der Obstbaumzucht, im Nähen und Stricken und musikalische Stunden. Dazu Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen. Schon damals existierte der Plan, die Kinder aus Mundraching nach Stadl in die Schule zu schicken, doch die Mundrachinger waren dagegen, denn der Weg nach Stadl könnte aufgrund der hohen Schneewehen gefährlich werden.
1911: Drittes Schulhaus
Das zweite Stadler Schulhaus (Nr. 22) befand sich südlich des Pfarrhofes, westlich der Straße nach Vilgertshofen. Da sich Haus Nr. 22 als zu klein und feucht erwies und es kein Lehrer lange dort aushielt, wurde 1911 das dritte Schulhaus gebaut (Nr. 65), ungefähr 100 Meter von der Kirche entfernt Richtung Vilgertshofen. Der längste Schulweg vom Haus des Kasselbauern (Nr. 58) betrug 500 m.
Religiöse Feste und Freizeitvergnügen
Die Kindheit bestand jedoch nicht nur aus Lernen in der Schule. Die meisten Kinder mussten in der Landwirtschaft mithelfen. Auch religiöse Pflichten und Ereignisse bestimmten den Alltag.
Unten im Bild ist eine Aufnahme des "Skiclub Stadl" zu sehen, die etwa 1937 - 1938 entstand und zehn Wintersportbegeisterte am Stadler Skiberg "Roatler" zeigt, einem bei der Jugend beliebten Übungshang. Die Aufnahme zeigt von links nach rechts: Adolf Spengler, Johann Mohrenweiser, Max Kink, Wolfgang Mohrenweiser, Jakob Schamper, Blasius Kink, Fritz Utz, Erich Menhart, Alfons Aigster und Franz Bauer.

Großes Spektakel: Erste Segelflugversuche durch Wolfmüller
1906 segelte der Landsberger Motorradkonstrukteur Alois Wolfmüller auf dem Viehberg in Stadl kurze Strecken mit einem Segelflugzeug durch die Luft. Seine Maschine stand in einer Scheune des Bauern Sturm. Stadler Zuschauer berichteten, dass sie ihn zunächst verlachten, er jedoch bis zu 25 Meter weit geflogen sei. An diesem Tag sahen die Einwohner auch zum ersten Mal ein Auto in Stadl, denn viele hohe Persönlichkeiten kamen, um Wolfmüller zuzuschauen. Zu Ehren Wolfmüllers benannte die Gemeinde eine Straße nach ihm. Wolfmüller war ein Zeitgenosse und Briefpartner von Otto Lilienthal.
Wasserversorgung
1902 ging die neue zentrale gemeindliche Wasserversorgung vom Roßgraben in Betrieb: die Baukosten betrugen 60 000 Mark. Stadl wollte nämlich nicht wie zunächst geplant zur Wasserversorgung Stoffen dazu gehören und sprang wieder ab von dem Vorhaben, als die Planungen konkret wurden.
Stadl wollte etwas Eigenes. Wasserexperten meinten damals, für eine eigene Versorgung reiche das Wasser nicht aus. 1930 bekam Stadl zusammen mit der Gemeinde Pflugdorf eine neue Wasserversorgung aus dem Quellgebiet Lechmühlen – die heutige Form.
1922 musste aus Treibstoffmangel ein Doppeldecker aus dem ersten Weltkrieg am Grasweg notlanden.
Nach 1948 wurden Ortsdurchfahrt und die Verbindungsstraßen nach Stoffen, Pflugdorf, Vilgertshofen und Mundraching ausgebaut.
1951 erhielt die Feuerwehr eine neue Motorspritze samt Schläuchen und Transportwagen. 1952 erhielt die Kirche neue Glocken.
Noch eine kleine Anekdote...
In Stadl ging bis ins 20. Jahrhundert die Sage vom Kapellenpudel um: diese spricht von einem Hund mit feurigen Augen, der nahe der Leonhardikapelle gesichtet worden sei, auf dem Weg nach Pflugdorf. Erwachsene erzählten fortan ihren Kindern, dass der Kapellenpudel sie mitnehmen würde, wenn sie nach dem Gebetläuten noch draußen wären. Diese Geschichte ist heute noch so manch einem der älteren und auch jüngeren Generation bekannt...